2010 – Renesse

Renesse :?: ?

Nie gehört! Bis 2010 waren die Niederlande ohnehin ein weißer Fleck auf meiner gedanklichen Urlaubskarte, wie sollte ich da einen ganz bestimmten Ort kennen? Zudem fiel die Wahl auf genau diese Destination eher spontan und ein klein wenig gezwungenermaßen: Kollege Michael W. aus S. weilte nämlich zu besagter Zeit irgendwo dort oben und ich war auf der Suche nach einer genehmen Bleibe, um zum einen die alljährliche Geburtstagsfeier außer  Landes zu verbringen. Was lag also näher, das Angenehme (Urlaub) mit dem Angenehmen (kleine Feierei mit Kollegen) zu verbinden?

Allerdings war an seinem Urlaubsort nix Anständiges mehr frei (2 Tage vor Abfahrt zählt wohl auch nicht mehr als Frühbucher …), so dass ich mich in dem gedachten Umkreis immer weiter nach Außen vorarbeitete und letztendlich in Renesse, genauer gesagt im Hampshire ArcHotel Zeeland, gelandet bin. Und dort nicht nur in einem gewöhnlichen Zimmer, sondern in „… de Zimmer wo de Mensche heirate …“ – in der Hochzeitssuite also. Denn das war das einzige Zimmer, das noch frei war.

Freudig überbrachte ich ihm telefonisch die Nachricht über meine Wohnhaft für die nächsten 5 Tage und ich kann mich noch heute an seine Worte erinnern: „Renesse? Willst du Party machen?“ . Mehr wollte er mir dazu nicht sagen, ich würde es schon selbst merken, wenn ich dort bin.

Häh? Egal, was muss, das muss! Wir werden sehen, was es mit dem ominösen Ort auf sich hat O_o

Je größer die Zahl auf dem Kilometerzähler wurde, desto kleiner wurden die Berge um mich herum, bis schließlich überhaupt keine mehr da waren. Zu diesem Zeitpunkt wurde mir allmählich klar, dass das eigens mitgeführte Mountain (=Berg!) – Bike möglicherweise etwas overdressed sein könnte, aber mein Fahrradfuhrpark ist eben endlich und nur mit genau einem Gefährt bestückt. Alternativlos, sozusagen.

Nach endlosen Kilometern auf völlig ebenem Untergrund war ich dann endlich da – soweit alles normal, was soll nun so komisch an diesem Ort sein :?: ?

Zugegeben, das Hotel war schon ein wenig gewöhnungsbedürftig (vor allem die Treppe mit den extrem kurzen Stufen), aber ansonsten alles im grünen Bereich: Das Zimmer war extrem geräumig, Bad und (Himmel-)bett ebenso, zusätzlich gab es einen großen Balkon und, was sich später noch als äußerst praktisch herausstellen sollte, einen Kühlschrank :) !

Nach dem ersten Gewöhnungsbier (das hat auch schon Tradition :wink: ) wurde der Esel gesattelt und eine kurze Erkundung der Umgebung stand auf dem Programm. Es galt ja immer noch, Licht in das dunkle Geheimnis des Ortes zu bringen. Aber auch hier: Keine besonderen Vorkommnisse. Der Marktplatz im Zentrum war zwar mehr oder weniger gut gefüllt und es herrschte relaxtes Treiben, aber allzu seltsam fand ich das nicht. Schließlich war Freitag, schönes Wetter und Urlaubszeit. Also alles im Rahmen.

Der erste Geocache, ein Earthcache mittig auf dem Marktplatz, war schnell erledigt (zum Thema Geocaching in Holland hier lang), auf Grund der fortgeschrittenen Zeit mit langsam einbrechender Dunkelheit gab es beim ersten Ausritt auch nur noch zwei weitere Caches etwas außerhalb, bevor es wieder zurück ins Hotel ging. Nur um kurze Zeit später, ausgehfertig und relaxed, erneut investigativ die Ortsmitte aufzusuchen.

Und plötzlich, beim Anblick des mittlerweile rappelvollen Platzes, wurde mir so langsam klar, was Kollege M. aus S. mit seinem Satz gemeint haben könnte.

„Schei** die Wand an, was geht denn hier ab :o ?“ Neben der Maximalzahl an feierwütigen Menschen tummelte sich dort zusätzlich noch die Polizei in jedweder Form: Zu Fuß, mit dem Auto, mit dem Fahrrad, zu Pferd (sooo große Pferde habe ich übrigens noch nie gesehen!). Gibt es heute etwas Besonderes? Hat der Bürgermeister Geburtstag? Ganz Holland auf Klassenfahrt? Hmm …

Ein kurzer Smalltalk mit einem der fußläufigen Ordnungshüter brachte Gewissheit: Nein, es gibt nichts Besonderes, es ist ein ganz normaler Freitag! Aha. Vor meinem geistigen Auge zogen Bilder vorbei, wie dann wohl ein „ganz normaler Samstag“ aussehen würde, aber davon würde ich mich ja am Folgetag ganz real überzeugen können.

Um den Freitag Abend bzw. die generelle Lage vor Ort auf den Punkt zu bringen: Achterbahn, überall :hilfe: ! Bei Renesse scheint es sich wohl um den holländischen Ableger vom Ballermann auf Malle zu handeln. Feierwütiges (Jung-)Volk überall und  alle 5 Meter ein Eingang zu einer kleinen, lauten und vollen „Disse“ mit identischen Eintrittspreisen und identischem Bier in ekligen Hartplastikbechern. Das mag zwar anfangs noch ein klein wenig befremdlich wirken, aber nach ein paar Stunden (und Bier) ist man plötzlich mittendrin und kann sich die Szenerie gar nicht mehr anders vorstellen. Doof nur, dass die Sperrstunde um 03:00 Uhr penibelst genau eingehalten wird und dass dann, zumindest indoor, der Spaß vorbei ist. Es gilt also, das Spaßmaximum deutlich vor dieser Uhrzeit zu erreichen, was gefühlsmäßig auch den meisten Anwesenden durchaus gelang :roll: .

Wieder zurück im Hotel brauchte ich dann erstmal ein Abkling-Bier, um die eben gewonnenen Eindrücke angemessen verarbeiten zu können. Ob ich da morgen wohl nochmal hingehen sollte? Nur mal zum Schauen und so? Die Urlaubsplanung sah zwar ein klein wenig anders aus (Ausschlafen, Full-Cycle-Caching, Relaxen, Chillen am Abend), aber wenn man schon mal hier ist :pfeif:

Rückblickend betrachtet könnte man den Tagesablauf also so beschreiben:

  • total gerädert aufstehen (sonst gibbet kein Frühstück mehr)
  • die Dissen-Stempel auf Händen und Armen entfernen (da sammelte sich einiges an)
  • Frühstück (soll ich wirklich?)
  • Landerkundung und Geocaching mittels Fahrrad (bestimmt sterbe ich gleich)
  • Getränkevorrat aufstocken (die Sache mit dem Kühlschrank)
  • Chillout in der Badewanne (Getränkevorrat anbrechen)
  • Feierei (bis Drei)

Und das 5 Tage am Stück! Trotz gegenteiliger Planung kann man eben nicht immer umhin, sich den örtlichen Gegebenheiten anzupassen :roll: .

Der eigentliche Geburtstag unterschied sich geringfügig von den anderen Tagen, aber auch nur von der Örtlichkeit her. Die Feierei fand nämlich nicht in Renesse, sondern in Ouddorp statt. Ganz ohne Stempel und Sperrstunde, dafür aber traditionell mit leckerem Champagner von der Witwe Clicquot. Und statt Mitternachts-Burger aus’m Automat (geile Erfindung übrigens :yes: ) gab es ausnahmsweise frühzeitige Pizza in der ansässigen Gastronomie.

Fazit:
Heieiei, wer hätte gedacht, dass das alles so endet? Aus dem geplanten Relax-Urlaub wurde ein (nicht mehr ganz altersgerechter) anstrengender Feierei-Marathon. Land und Leute wurden deutlich intensiver erkundet, als ursprünglich vorgesehen. Und das Beste: Ich weiß jetzt aus eigener Erfahrung, was es mit Renesse auf sich hat!

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